Wer mich kennt, weiß, dass ich keine Scheu habe, offen auf fremde Menschen zuzugehen, sie nach dem Weg zu fragen oder mit ihnen einfach ein Gespräch zu beginnen. Das geschieht natürlich stimmungs- und situationsbedingt und stets rein freiwillig.
Unwohl fühle ich mich allerdings, wenn ich dazu genötigt werde, jemanden zu berühren, der mir fremd ist, wie es zum Beispiel in Kirchen passiert, wenn der Pastor dazu auffordert, seinen Nachbarn ringsherum „zum Zeichen des Friedens“ die Hand zu geben. Mache ich, aber ehrlich gesagt, nur widerwillig mit einem gequälten Lächeln.
Neulich, an der Fußgängerampel zur alten Papiermühle in Bergisch-Gladbach geriet ich allerdings in Nöte: eigentlich wollte ich nur einfach über die Straße auf die andere Seite, ein alltäglicher Vorgang eben. Doch ein kleines Schild am Ampelmast fordert mich auf, andere Fußgänger zu berühren! Nun, als guter Deutscher mit dem angeborenen oder ererbten Sinn für Ordnung, Gehorsam und Disziplin sträubt sich etwas in mir, ein amtliches Schild so einfach zu ignorieren, auch wenn sich mir der Sinn der Aufforderung nicht sogleich erschließt, denn ich stand allein an der Fußgängerampel. Sollte ich nun warten, bis jemand anderes kommt, um ihn oder sie zu berühren? Würde ich dann auch von ihm oder ihr berührt?
Bekomme ich eine geknallt, wenn ich eine mir Unbekannte einfach so berühre, weil sie das Schild nicht gelesen hat? Und an welcher Körperstelle soll man sich berühren, ohne sich dem Verdacht des Grapschens auszusetzen, was ja gerade aktuell in die #MeToo -Diskussion passen würde.
Lockt so ein Schild nicht auch Lustmolche an, die sich einfach so an die Ampel stellen, um sich berühren zu lassen und bei Nichbefolgung gar wegen der Ordnungswidrigkeit mit der Polizei drohen?
Was wäre, wenn nun plötzlich eine ganze Busladung Papiermühlenbesucher neben mir steht? Dürfen wir alle erst auf die andere Straßenseite, nachdem wir uns alle gegenseitig berührt haben? Und: ist das nicht auch irgendwie unhygienisch?
Sachdienliche Hinweise sind herzlich willkommen.
Mit einer leisen Berührung, kaum spürbar,
einfach so im Vorübergehen…
kann man ein Stück Himmel schenken.
Gibt’s im Englischen nicht die Redewendung ‚to press someone’s button‘? 🙂
Ach, das ist ganz sicher im übertragenen Sinn gemeint. Du sollst etwas sagen, etwas tun, das die Menschen berührt. Geh in Zukunft einfach besser vorbereitet an solche Orte, ein Gedicht vielleicht, eine Kurzgeschichte. Vielleicht auch eine herzliche Umarmung.
Oder ein Lied:
„Geh nicht vorbei, als wär nichts gescheh´n….
Komm und verzeih, ich werd‘ mit dir gehen
wohin dein Weg a-hauch füh-hü-hürt“
Lieber Lo,
ich denke, es geht nicht um das Berühren!
Die wichtige Ausssage dieses Schildes, das im knappen Amtsdeutsch nicht die gesamten Hintergründe erklärt, ist vermutlich der Fußgänger oder die Fußgänger. Damit ist sicher gemeint, dass man nur Fußgänger berühren soll!
Keine Radfahrer schubsen, die dabei das Gleichgewicht verlieren könnten und stürzen. Und schon gar nicht soll der an der Ampel Wartende vorbeifahrende Auto berühren. Das könnte Außenspiegel abreißen oder ganze Kotflügel!
Das „nur“ in „Bitte nur Fußgänger berühren“ wurde noch nicht ergänzt, weil der Streit noch nicht geschlichtet ist, ob Rollstuhlfahrer sich benachteiligt fühlen, wenn sie nicht berührt werden.
Wir warten auf die Entscheidung der neuen Regierung, was sich sicher noch etwas verzögert.
Und danach müssen erst einmal alle Schilder ausgetauscht werden, oder die Politessen mit Edding ausgerüstet werden – das ist eine logistische Herausforderung.
Gruß Heinrich
Lieber Heinrich,
vermutlich ist es genau so, wie Sie es vermuten.
Es sollen NUR Fußgänger berührt werden und Ihre Idee mit dem Politessen-Edding ist eine gute Lösung. Ihr Foto könnte den städtischen Damen ja als Malvorlage gut zu Diensten sein.
Herzlichen Dank dafür
und viele Grüße!
Lieber Lo!
Ich schließe mich da Herrn Voitas Gedanken an. Wenn man allerdings einem Mitmenschen zuerst eine Kurzgeschichte erzählen muss, bevor man die Straße überqueren darf, sollte man sich an kühlen Tagen sicherheitshalber mit einem heißen Tee und einer Decke ausstatten. Das könnte länger dauern. 🙂
Herzliche Grüße und Chapeau für den Blick für solch originelle Dinge 🙂
Mallybeau
Ja, liebe Mallybeau – das mit dem Tee und der Decke ist ein guter Tipp.
Hilfreich ist auch, dass die Ampel ja auch immer wieder Rotlicht zeigt, was ja normalerweise von Ärzten gegen allerlei Gebrechen verschrieben wird.
Hier ist es kostenlos zu haben. Ein gesunder Nebeneffekt.
Herzliche Grüße an die Alm!
Vielleicht eine Falle. Das vergitterte Fenster (oben links) deutet auf ein Gefängnis hin. Gut möglich, dass nach der unaufgeforderten Berührung eines Fußgängers der letzte Gang über die Straße direkt im Knast endet … 😉
… oder im Rollstuhl.
Dann allerdings ist man vor amtlich vorgeschriebenen Berührungen sicher.
Diese gelten ja nur für Fußgänger.
Ein herrliches Fundstück, lieber Lo. Danke fürs Zeigen und
schöne Grüße,
Jules
😉
Bekomme ich eine geknallt, wenn ich eine mir Unbekannte einfach so berühre, weil sie das Schild nicht gelesen hat?
Du sollst ja keine Fußgängerinnen berühren, sondern Fußgänger. Wenn Du also eine Dir Unbekannte einfach so berührst, kannst Du das nicht mit diesem Schild rechtfertigen!
Du hast recht!
Da hat mit beim Lesen wohl meine Phantasie einen Streich gespielt.
Danke Dir für diesen Schläge vermeidenden Hinweis!
😉
Vielleicht immer noch besser, „Fussgänger bitte berühren“ als „Fussgänger bitte drücken“.
Na ja, es käme auf einen Versuch an. 😉
Lieben Gruss,
Brigitte
Oh, wie schnell kann man sich da ungewollt „verdrücken“.
„Mit einer leisen Berührung, kaum spürbar,
einfach so im Vorübergehen…
kann man ein Stück Himmel schenken,….“
„… oder, das mußt du auch bedenken,
eine fremde Hand an deine Wange lenken.“
Jau! Sehr gut gereimt!
Danke für die Warnung!
😉
In den letzten Wochen ist man ja vorsichtig geworden, was solche Aufforderungen angeht. Hier aber, ist das kein Problem. Das Wort Fußgänger verbindet Männer, Frauen und Kinder und jeder kann berührt werden. Steht ja da. Und man ist klug genug zu wissen, dass „berühren“ etwas ist, das wie weiter oben geschrieben, viel weiter als ein bloßes Händeschütteln geht. Tolles Fundstück.
Ich zögere in der Kirche übrigens auch immer. Seit ich mit 8 Jahren einmal von eingeschmuggelter Schokolade total verklebte Finger hatte, denke ich noch heute für den Bruchteil einer Sekunde daran, ob meine Hände auch wirklich sauber sind. Sind sie….aber trotzdem.
Mach Dir keine Sorgen, liebe Mitzi!
😉
🙂