Von verschwundenen Socken und ihren Gefühlen. Und unschuldigen Waschmaschinen.

Kleine Socke – große Wirkung!
Um mich aufs nächste Leselauschen in der Schule vorzubereiten, suchte ich gestern in der Oberhausener Kinderbibliothek nach neuem Vorlesestoff. Kinder mögen spannende Detektivgeschichten, die Kleineren mögen „Nick Nase“, die Größeren finden „Kwiatkowski“ cool.

Tja, und während ich in der Detektivabteilung so stöbere, fällt mir eines der Bücher aus der Nick-Nase-Serie ganz besonders auf, weil es dicker zu sein scheint, als die anderen.
Und als ich es aus dem Regal nahm, fand sich auch sofort der Grund dafür:

Da hat sich doch klammheimlich eine kleine rosafarbene Kindersocke zwischen den Seiten versteckt!
Und dann noch dort, wo Nick Nases Hund nach etwas schnüffelnd suchte…

Kombiniere: entweder hat das vorherige Kind die Socke als Lesezeichen benutzt und vor der Rückgabe des Buches vergessen, sie wieder herauszunehmen,
oder
die Socke selbst hat sich aus purer, nackter Angst, in eine Waschmaschine mit ihrem furchbaren Schleudergang gesteckt zu werden, verzweifelt in dem Buch zu retten versucht, was ihr ja auch gelungen ist.

Könnte es sein, dass Socken grundsätzlich von Natur aus unter einer Waschmaschinenphopie leiden?
Was wissen wir schon über die Gefühle unserer Socken?
Im Schrank und in Schubladen verbringen sie eine glückliche Zeit als Paar, dann werden sie brutal getrennt, über nicht immer frisch gewaschene Füße gezogen, in Schuhe gesteckt, wo es dunkel und müffelig feucht wird, um dann abends achtlos in einer Wäschetonne mit müffelnden Unterbuxen zu landen, wo die grausame Lavamat oder Constructa mit ihrem großen Bullauge nur darauf wartet, sie zu verschlingen, sie in beißender Seifenlauge hin und her zu drehen und am Ende mit 800 Umdrehungen pro Minute an die Trommelwand zu pressen.

Kann man ihnen verdenken, dass sie alles versuchen, sich vor diesem Schicksal zu retten?
Und so machen sich vielleicht täglich Millionen Socken auf den Weg, egal wohin, Hauptsache – nur weit, weit weg von der folternden Waschmaschine.
Diese kleine rosafarbene Kindersocke im Buch war schlau: vielleicht wusste sie, dass in Büchereien keine Waschmaschinen stehen?

Ob sie nach ihrer gelungenen Flucht glücklich wurde?
Ich glaube nicht. Vielleicht denkt sie sehnsüchtig an ihre linke (oder rechte) Partnerin, die nun ganz mutterseelenallein in irgendeinem Schrank oder einer Schublade liegt und herzzerreißend darauf hofft, dass ihre Freundin irgendwann einmal wieder zu ihr zurückkommt.

Und: wie vielen Waschmaschinen wird es boshaft in die Schuhe, oder besser in die Trommel geschoben, sie würden einzelne Socken verschwinden lassen? Täten wir nicht gut daran, „im Zweifel für die Waschmaschine….“ zu urteilen?

Sollte uns das nicht zu denken geben?

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Iss ja nicht zu fasten!

Iss ja nicht zu fasten!

Herrscht Leere in des Darmes Gänge,
ertönen keine Lobgesänge!
Nur Flatulenz und Magengrollen.
Dat kann so´n Herrgott doch nicht wollen.

Et is doch so – und bleibt gewiss wahr:
wer nicht genießt, wird ungenießbar.

Drum fast´ ich so – und will´s berichten:
auf Opfer will ich gern verzichten.
Doch nicht auf Pommes, Trunk und Schmaus,
sonst hielt dat Fasten ich nicht aus!

Mit futtern, trinken, Ihr sollt´s sehn:
werd ich dat Fasten überstehn!


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Gelöst: das Rätsel um den Lummerbraten.

Verdelli! Is dat nich komisch?
Da wirsste uralt und hass in Deinem Leben schon viel gesehen, erlebt, gelernt – und gegessen. Und irgendwann krisse so´n lichten Moment, wo Du denx:
„Moment mal! – Wieso hab ich mich dat nie gefragt, warum etwas so heißt, wie et heißt, oder wat dat überhaupt is, oder oppet sowat wirklich gibt?“

Ein Beispiel – is schon länger her – hab ich hier auch aufgeschrieben:
Wat is ein Glimpf und wo lebt der?
Sprachlich isser ja nich ganz unbekannt: da is einer nomma „glimpflich“ davongekommen,
oder da hat einer den anderen „verunglimpft“.
Kann man auch jemanden verglimpfen? Und wäre dat strafbar?
Ja, und dann geht Dir die Frage nich mehr aussem Kopp.
Und dat Dollste dabei is, datte Dich wunderst, datte da nich früher schon drauf gekommen biss, Dich dat zu fragen – und ob Du der Einzige biss, dem sowatt plötzlich innen Kopp kommt.

Gestern schon wieder!
Bei Aldi im Kühlregal: „Lummerbraten“ – abgepackt.

Kenn ich, is lecker. Aber ich hab noch nie darüber nachgedacht, watt Lummer wohl für Tiere sein könnten. Wie sehen die aus? Wo leben die? Auf Lummerland?
Nee – dat war gezz Blödsinn…
Lummer… Lummer… – hhhm, klingt ja ähnlich wie Lemminge.
Vielleicht sind Lummer mit Lemmingen verwandt, aber nich schlau genug, denn Lemminge wissen, datt et besser is, sich irgendwo gemeinsam vonne Klippen innen Tod zu stürzen, als in Gelsenkirchen auffem Schlachthof oder in Bottrop auffem Grill zu landen.

„Heinrich Lummer“, finde ich bei Tante Gugel unter „Lummer“. Lebt nicht mehr.
Gut, Politiker werden ja auch schon mal bei Interviews „gegrillt“.
Der Markus Lanz, der kann dat, is aber am Thema vorbei.

Ich will et aber wissen, und gezz hab ich et im Internet gefunden:
Der Begriff „Lummer“ leitet sich vom lateinischen Wort „Lumbus“ für Lende ab. Lummerbraten ist ein Teil des hinteren Schweinerückens.
Zack! Wieder wat gelernt.

Tja, wenn mich demnächst mal jemand fragt, wie et geht, kann ich sagen:
„Gut geht et mir, ich hab nämlich heute Rücken!“ U
nd wenner komisch guckt, sach ich dann:
„Nix schlimmet: ich hab heut Rücken inner Pfanne, lecker – vom Schwein!“

Nanu? Wieso macht sich gerade ein kleinet Hüngerken bemerkbar?
Ich vermute mal, dat is Bildunghunger – weil: ich weiss immer noch nich allet!

Also – bis die Tage!

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Schattengewächs – kurzblühend.

Die Sonnenstrahlen der vergangenen Tage – nach der langen, trüben Regenzeit – waren so richtig wohltuend, so Gute-Laune-machend, Lebensgeister-weckend.
Und als mir gestern die Sonne ein Schattenblumenbild auf den Boden meines  Arbeitszimmers malte, musste ich es sofort fotografisch festhalten, denn diese scheue Blumensorte ist nur kurzblühend.

Schon nach wenigen Minuten war sie nicht mehr da.
Dafür hat aber meine kleine Freude an ihr länger Bestand.

Bis die Tage!

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„Ich war das nicht!“

Fehlbar sind immer nur die Anderen!
Zu diesem Thema hat Gerhard Mersmann etwas sehr Lesenswertes in seinem Blog form7 geschrieben:

Fehlbar sind immer nur die Anderen!

Beim Lesen dieses Beitrags wurde ich spontan an eine Begebenheit aus meiner Kindheit erinnert, die zeigt, dass sich auch schon ganz kleine Menschen gern unschuldig geben…

Einer meiner Schulfreunde hatte einen kleineren Bruder, der sich beim Spielen mit einem anderen Kleinkind namens Eugen fürchterlich in die Buxe gemacht hat – damals gab es noch keine hermetisch gegen Düfte absperrende Pampers…
Die Buxe war bis zu den Hüften voll. Es roch nicht gerade „nach Äpfeln und Nüssen“.
Als die Mutter den Kleinen fragte, warum er denn nicht Bescheid gesagt hat, dass er „Groß“ muss, zeigte der auf seinen Spielfreund und behauptete kackfrech:
„Ich war das nicht. Das war der Eugen! Der Eugen hat in meine Hose gemacht!“

Tja: wat willste da machen?

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Der Klassenclown im Rückspiegel

Header Rückspiegel

In meinem (Rück-)Spiegel sehe ich manchmal das Kind, das immer gern den Klassenclown gab, weil es damit ablenken konnte von dem, was es nicht hatte, nicht konnte, oder nicht war, oder weil es einfach auch nur „dazugehören“ wollte – und das schon damals davon träumte, einmal Schauspieler zu werden, oder etwas anderes Großartiges. Hauptsache, es löst Bewunderung aus bei denen, die ich selbst bewunderte.

Einige von ihnen habe ich nach Jahrzehnten wiedergetroffen und dabei erkannt:
ich hätte den Clown damals gar nicht geben brauchen.

Lo


Foto von Erin Alder auf Pixabay (Ausschnitt)
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Wintergedanken eines Froschs.


Wintergedanken eines Froschs.

Es blickt der Frosch weit in die Fern
und sucht den Frühling, den so gern
er mag – mit all dem bunten Frühlingsglück.
Doch – kommt dann nicht auch der Storch zurück?
So blickt er – ihm wird bang und bänger:
Dann doch den Winter lieber länger!


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„Lieber Doktor Pillermann…“ – Meine liebe Fibel 1957


„Wenn die Haare weiß werden,
werden die Erinnerungen grün…

Stimmt.
Vor einiger Zeit kam mir die Idee in den Sinn, doch im Internet nach meiner alten Fibel aus meinem ersten Schuljahr 1957 in Gelsenkirchen-Erle zu suchen, weil mir zwei Gedichte – oder Sprüche – daraus mein Leben lang in Erinnerung geblieben sind.

Das eine, unvergessene Gedicht ist dieses vom Puppendoktor. Und ich gebe es zu: ich würde es heute bestimmt nicht mehr kennen, wenn es nicht mit „Doktor Pillermann“ beginnen würde. Das war für uns kleine I-Dötzchen ein großer Spaß! Wir sprachen den Namen auch immer nur ohne das letzte „r“ aus und kicherten in uns hinein, wenn es in der Klasse wieder einmal vorzulesen war:

Puppendoktor

„Ach, lieber Doktor Pillermann,
sieh dir doch nur mein Püppchen an;
drei Tage hat es nichts gegessen,
hat immer so stumm dagesessen.
Die Arme hängen ihm wie tot,
es will nicht einmal Zuckerbrot.

Ach, lieber Doktor, sag mir ehrlich,
ist diese Krankheit sehr gefährlich?“

„Madam, Sie ängstgen sich noch krank!
Der Puls geht ruhig, Gott sei dank;
doch darf sie nicht im Zimmer sitzen,
sie muß zu Bett und tüchtig schwitzen;
drei Kiebitzeier gebt ihr ein,
dann wird es morgen besser sein!

Empfehle mich!“

***

Gedicht von Paula Dehmel aus dem Jahre 1903


Das andere, was mir aus diesem Buch unvergessen blieb, ist eher ein lustig klingender Spruch, den ich immer noch gern bei passender Gelegenheit anbringe:

„Täte ich ein Tute haben,
täte ich mit der Tute
so lang tuten,
bis die Tute nicht mehr tuten täte.“

Irgendwo fand ich zwar ein Angebot zum Erwerb dieser alten Fibel, allerdings war mir der Preis dafür dann doch zu hoch, denn ich würde einfach nur gern einmal in diese Seiten schauen und mich erinnern wollen.

Je mehr alte Fibeln ich im Netz finden konnte, um so unsicherer wurde ich, ob es diese, wie oben abgebildet, denn auch wirklich war. Nur, wenn beides, der Doktor Pillermann und die Tute darin vorkommen würden, dann wäre ich sicher, dass es die Richtige ist.

Aber die Erinnerung, die bleibt mir ja.
Und das mit dem weißen Haar, das stimmt auch.

Also: bis die Tage!

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Der Köttelbeckentraum! Videokanal „Bücher vonne Ruhr“. Gucken.

Auch, wenn es wie ein Werbeblock klingt: ich mag sie, diese Ruhrgebiets-Bücher „Vonne Ruhr“ – aus dem vermutlich weltweit einzigen Verlag mit echtem Taubenschlag (!) auffem Dach, so, wie es sich für unsere Region gehört. Mitten in Bottrop.

Und um Beides, Tauben wie Bücher („Schlach & Verlach“), kümmern sich Jott Wolf, Werner Boschmann, Joppa Hölzken, Wernfried Stabo und Werner von Welheim, die sich alle verdächtig ähnlich sehen, aber das ist eine andere Geschichte…

Zu den vielen Büchern mit Geschichten um das Ruhrgebiet, die fast ausschliesslich von Menschen, die irgendwie mit dem „Pott“ verbunden sind, geschrieben, gezeichnet und illustriert sind – ich durfte auch schon einige Male mitschreiben – veranstaltet der Verlag stets gern besuchte Leseabende, meist in Buchhandlungen der Region, wo die Leserschaft in gemütlicher Atmosphäre mit den Autorinnen und Autoren zusammenkommen, lauschen und plaudern kann.

Von vielen dieser Lesungen gibt es auch Videos, die im YuouTube-Kanal des Verlags VONNE RUHR zu finden sind .

 Wenn Ihr also mögt, besucht doch mal den YouTube-Kanal von BÜCHER VONNE RUHR!  Jeden Mittwoch und jeden Samstag folgt künftig ein neues Video über Ruhrgebietsliteratur, Ruhrgebietssprache und über dat, wat sonz noch so in unserem Ruhrgebiet läuft. Am besten: den Kanal abonnieren – kostet nix.

Und was mich besonders freut, ist, dass mein KÖTTELBECKENTRAUM aus Dezember 2020 *) auch dabei ist:          

 Also: viel Freude bei diesem und den anderen Beiträgen wünscht


*) Weil es während der Corona-Zeit keine öffentlichen Lesungen geben konnte, hat Vonne-Ruhr-Verleger Werner Boschmann Ende 2020 eine alte Schreinerwerkstatt in ein professionelles Filmstudio namens „Literaturwerkstatt Ruhr“ verwandelt, und vielen Autorinnen und Autoren die Möglichkeit gegeben, unter strenger Beachtung der Corona-Vorschriften vor der Kamera zu lesen, und auf diese Weise Kontakt zu ihrem Publikum zu halten. Tolle Idee!


Unbezahlte Werbung.

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TATORT: Wenn Willi Wuttke wütend wird. Das Original-Drehbuch.

In meiner Jugendblüte-Maienzeit konnte mir kein Rock-Konzert und keine Discothek laut genug sein. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass ich heute nicht mehr besonders gut höre. Oftmals verstehe ich auch etwas falsch – manchmal zum Vergnügen meiner Enkel, aber häufiger doch zum Verdruss meiner Familie, wenn ich wiederholt nachfrage, was da gerade wohl gesagt wurde. Ja – und ich besitze auch Hörgeräte, die ich gern schone, indem ich sie meist in der Schublade belasse, weil ich der (zugegeben subjektiven) Ansicht bin, eigentlich noch gut genug zu hören.

Und obwohl ich zum Fernsehen „gute“ Kopfhörer trage, stelle ich fest, dass ich Filmen nicht immer folgen kann, weil die Dialoge von lauter Begleitmusik derat stark übertönt werden – oder beides, Sprache und Musik zu einem Geräuschbrei vermischt sind, dass ich nur ahnen kann, was da gesprochen wurde. Darüber klagen auch unzählige Menschen, die allerbestens hören können. Man kann auch nachlesen, dass zum Einen der Ton die ganz große Schwachstelle der heutigen Flachbild-Fernseher ist – und dass Filme heutzutage mit viel mehr Musik, Action- und Geräusch-Effekten produziert werden, als es früher der Fall war.

Ich finde es ehrlich gesagt unmöglich, dass man Fernseher verkauft, die schon ab Werk mit einem erheblichen Mangel behaftet sind, der nur damit beseitigt werden kann, indem man sich für viel Geld auch noch zusätzliche Lautsprecher (neudeutsch Soundbars ) anschaffen muss, damit man den Filmhandlungen auch akkustisch folgen kann.

Und weil ich mich nicht alleine ärgern möchte, habe ich bei meinem Protagonisten WILLI WUTTKE aussem Ruhrgebiet einfach mal „in ihm sein Wohnzimmer“ geschaut und aufgeschrieben, wie wie der das so erlebt. Und wie er Rache nimmt…


🎬

D R E H B U C H

WENN WILLI WUTTKE WÜTEND WIRD

ORT: Irgendwo im Ruhrgebiet
SZENE: Innen – Wohnzimmer – Gelsenkirchener Barock – Sonntagabend 20:23 Uhr
TV läuft – Tagesschau- Wetter – Minuten vor dem TATORT

PERSONEN:

WILLI WUTTKE, Rentner, Bauch, weißes Haar, Brille, Trainingsanzug, karierte Filzpantoffeln,

ELSE – seine Ehefrau, gutmütige, freundliche Erscheinung, etwas mollig, Kittelschürze

SZENE:

WILLI kommt mit der Zeitung vom Klo, schlurft zum Sofa, greift nach der Fernbedienung, hält sie fest, lässt sich plumpsend aufs Sofa fallen.

WILLI (sieht den Rest der Wettervorhersage)
„So ein Scheiß! Für morgen is immer noch Regen angesacht.
Gut, datt ich nich mehr anne Schüppe muss.
Else! Bisse inne Küche? Denxe an dat Bier?“

TATORT – Vorspann – Musik

ELSE – kommt aus der Küche, eine geöffnete Bierflasche in der Hand

ELSE
„Hasse kein Glas? Kärl, datt Du immer ausse Pulle trinken muss!
Leg wenichstens ne Zeitung drunter, damit der Tisch keine Flecken kricht!
Samma: mit wem is dat heute?“

WILLI
„Aus Dortmund, mit dem Bekloppten mittem Parka – aber irgendwie is der toffte.
Schade, datt die eine Blonde nich mehr dabei is.
Hamse ja sterben lassen…“

Tatort beginnt – ein Mann liegt tot am Boden einer stillgelegten Industriehalle.
Musik – Autogeräusch – Bremsen – noch mehr Musik – Autotüren schlagen zu – Musik

Willi und Else schauen auf die Flimmerkiste, aus der sich laute, schneller werdende Musik mit den Dialogen des Kommisars und der Spurensicherung zu einem Einheitsbrei vermischt.

TV – TON:
MUSIK – dramatisch ansteigend – „Weiss m.. sch ws Genau….“ – MUSIK –
„Wie lange?“ – MUSIK –
SSt nch de Ob..“ – MUSIK –
„dukt.. MUSIK – „on!“ – MUSIK- ,,um wen es“ – MUSIK – „handelt!?

MUSIK – „.. Papiere! – PAUKENSCHLÄGE –

WILLI
„Samma Else: wat hat der gesacht?“

ELSE
„Opper keine Papiere hatte, der da tot is, glaub ich.
Mach doch ma lauter, dann versteht man dat vielleicht besser!“

Willi drückt die Fernbedienung.

ELSE
„Maaaann, donnich soo laut!
Mach ma wat leiser, da wirsse ja rammdösich!
Willze die ganze Straße aufwecken?“

WILLI
„Nee, aber ich will verstehen, wat die da sagen!
Is doch Scheiße, die mit ihrer bekloppten Musik dabei!
Mach ich et lauter, ist das Geplärre auch lauter,
mach ich et leiser, versteh ich nix, wat die sagen!
Is doch wat für´n Arsch!
Und dat is doch kein billigen Apparat, den wir gekauft haben!“

ELSE
„DU hast den doch ausgesucht, der konnte Dir ja nich groß genuch sein!“

WILLI
„Komm, Else – hör auf, dat bring doch nix.
Gezz sei ma ruhich!“

Kurze Pause, Willi trink sein Bier aus der Flasche.

WILLI
„Hömma: hast Du gezz verstanden, wat die zu dem gesacht hat?“

ELSE
„Nee, die Musik is einfach zu laut – und die sind am Nuscheln!“

WILLI
„Boah, ich wird bekloppt! Wenn ich Musik hören will, dann mach ich mir dat Radio an. Für sowatt brauch ich keinen teuren Fernseher – verdammte Scheiße!“
Gezz is auch noch mein Bier alle!
Komm – bleib sitzen, Else, ich hol mir ne Neue ausse Küche,
hab sowieso nix vonne Handlung mitgekricht!
Und für sowatt zahlste auch noch Gebühren!
Die haben doch alle ein Ei am wandern!“

(Geht fest auftretend in die Küche. Wütend.)

Else sitzt und hält sich eine Hand hinter das Ohr, um besser den Film hören zu können.

WILLI (kommt aus der Küche mit eine Bierflasche)
„Und? Is irgend watt Neuet passiert?“

ELSE
„Ja, da kam son schwatter Wagen mit zwei Kerle umme Ecke,
die haben mit irgendeinem telefoniert, aber, genau weiss ich dat nich,
watt die gesacht haben.
Mitte ganze Musik dabei hab ich dat nich richtich verstanden,
irgendwatt damit, datt der Tote wat bei sich haben könnte,
wat nich gut für die Gängster ist, wenn die Polizei dat findet.
Aber watt dat sein soll, konnt ich nich hör´n.!“

WILLI
„Weisse wat, Else? Mach die Scheißkiste aus, dat is doch allet Kokolores!
Da gibbse viel Geld für so´n Trümmerhaufen von Flach-Fernseher aus,
dann kassieren se auch noch Gebühren für sonnen Film-Schrott,
dene nich verstehss, weil se zu doof sind, dat so hinzukriegen,
datte auch mitkriss, watta gequatscht wird!
Die haben doch als Blagen früher zu nah anne Mauer geschaukelt!
Am liebsten würd ich die Kiste umtauschen, weisste dat?
Und weisse, wat das Schlimmste is?
Die verkaufen gezz sogar so Extra-Lautsprechen für Fernseher!
Früher waren in jedem Apparat auch vernünftige Lautsprecher drin.
Nee Du! Ich hab die ganze neumodische Scheiße so gefressen!
Ich hol die Axt und klopp dat Scheißdingen kaputt!
Und dann fahr ich nache GEZ, und mach aus der Gebührenbude ´ne Achterbahn!!
Dat wär´mal ein richtigen TATORT!
Aber mit sowatt von Musik!
Kannze glauben! Verdelli nommal!!!

ELSE
„Willi – gezz beruhich Dich doch mal!!“

WILLI
„Weisse wat, Else?
Ich brauch erst mal ´nen Kurzen – und weisse wat ich dann mach?
Dann leech ich mich inne Furzkapsel und penn´!
Und morgen tausch ich die Scheißkiste um.
Rache is Blutwurst!
So! Fettich!“

Nimmt nen Schluck aus seiner Bierflasche, stellt sie auf den Tisch – neben die Zeitung, was Else sieht und mit einem vorwurfsvollen Blick quittiert, wischt sich mit dem Handrücken den Schaum vom Mund, streift die nasse Hand an seinem Hemd ab, unterdrückt ein Bäuerchen, weil Else immer noch vor ihm steht, dreht sich um und geht ins Schlafzimmer.

x-x-x-x-x     S C H N I P P    x-x-x-x-x

THE END


Hollywood kann kommen.

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